Über Leben in Demmin

Die Dokumentation „Über ein Leben in Demmin“ startet mit einem Blick auf das Frühjahr 1945. In der Kleinstadt Demmin in Mecklenburg-Vorpommern kommt es zu einer furchtbaren Tragödie. Während die Stadt von der roten Armee besetzt wird, wählen hunderte Einwohner den Freitod. Bis zum Ende der damaligen DDR wird über den kollektiven Suizid geschwiegen und auch über die tatsächliche Zahl der Opfer können keine konkreten Angaben gemacht werden.

Über Leben in Demmin
Dauer: 89 Min.
FSK: ab 12 Jahren
Jahr:
Regie: Martin Farkas
Produzenten: Annekatrin Hendel
Hauptdarsteller: Inge Günther, Ruth Blendow, Fred Blendow
Nebendarsteller: Rosi Hirsch
Studio: Salzgeber & Co. Medien GmbH
Sprachen: Deutsch

Jetzt online anschauen

Heute versuchen Neonazis, an jedem 8. Mai, dem Ende des zweiten Weltkrieges, aus dem traurigen Ereignis politischen Nutzen zu ziehen. In einem Schweigemarsch marschieren sie durch die Gemeinde, in der ein großes Polizeiaufgebot die Straßen beschützt, um Ausschreitungen mit Gegendemonstranten zu verhindern. Der Film beschäftigt sich mit den Hinterbliebenen, ihren schrecklichen Erfahrungen und der Traumatisierung, die sie hinterließ.

Besetzung, Regie und Drehorte

Martin Farkas ist ein deutscher Kameramann und Regisseur, der in der Dokumentation „Über Leben in Demmin„, auch als Drehbuchautor fungierte. Farkas arbeitete bereits in jungen Jahren mit bekannten Kinematografen wie Michael Ballhaus und Benedict Neuenfels zusammen. Für die Dokumentation „A Woman and a half – Hildegard Knef“ wurde er bereits 2002 für den deutschen Kamerapreis nominiert. Mit „Es werde Stadt“ erhielt er zusammen mit Dominik Graf den Preis „Der Deutschen Akademie für Fernsehen“ in der Kategorie, „Beste Dokumentation“. Martin Farkas ist zudem Mitarbeiter der „Deutschen Filmakademie“ und dem BVK.

An „Über Leben in Demmin“, der in den deutschen Kinos 2018 anlief, arbeitete Farkas drei Jahre von 2014 bis 2017. Die Produktion übernahm die Regisseurin Annekatrin Hendel, bekannt aus der Dokumentation über Rainer Werner Fassbinder und einem Film über den Fotografen Sven Marquardt. Für den Soundtrack sorgte der Musikproduzent und Klangregisseur Mathis Nitschke. Uraufgeführt wurde die deutsche Dokumentation auf der DOK Leipzig im November 2017. Der 90 Minuten lange Film hat eine FSK ab 12 Jahren.

Handlung & Inhalt vom Film „Über Leben in Demmin“

Die Dokumentation beschäftigt sich mit dem Massensuizid in Demmin, einer Kleinstadt in Mecklenburg-Vorpommern kurz vor Ende des zweiten Weltkrieges. Zwischen dem 30. April und 4. Mai marschierte die rote Armee in Demmin ein. Beim Anmarsch der sowjetischen Truppen verließen die Wehrmacht der SS und die politischen Führungskräfte die Stadt und sprengten ihre Brücken. Damit war ein Weitermarsch in den Westen für die russischen Soldaten vorläufig nicht möglich.

Doch auch für die Bevölkerung in Demmin war nun der Fluchtweg abgeschnitten und sie waren den Sowjets in vollem Umfang ausgeliefert. Bereits beim Einmarsch der roten Armee, nahmen sich einige Einwohner das Leben, denn die Angst vor der Rache der Soldaten in Bezug auf die eigenen Gräueltaten in der Sowjetunion war sehr groß. Bei einem Interview mit der Nichte eines Verstorbenen berichtete diese, dass ihr Onkel bereits nach der Rückkehr aus dem Kriegsgebiet im Osten sagte, dass Deutschland den Krieg gewinnen müsse. Zu schrecklich waren die Handlungen, die deutsche Soldaten an der russischen Bevölkerung verübten.

Ursachen für den Massenselbstmord

Diese großen Kriegsverbrechen waren mit Sicherheit ein Grund, warum es zu diesem Massenselbstmord kam. Doch auch Nazipropaganda, die über Monate hinweg die Angst in der Bevölkerung vor dem Bolschewisten schürte, trug dazu bei. Ging Hitler doch mit gutem Beispiel voran und tötete sich selbst.

Die russischen Soldaten konnten nicht wie geplant weiterziehen, so verblieben sie in der Stadt, raubten die Bevölkerung aus, vergewaltigten Frauen und steckten die Häuser in Brand. Und bereits zu dieser Zeit war vielen Menschen klar, welche Schuld Deutschland auf sich geladen hatte. Es machte sich eine Massenhysterie breit, die zu diesen Selbstmorden führte. Noch heute kann über die genaue Zahl der Einwohner nur gerätselt werden. Vermutet werden etwa 900, aber Zeitzeugen sprechen von über 1000 Personen. In der brennenden Stadt schnitten sich während der Belagerung, Menschen die Pulsadern auf, vergifteten sich, Eltern töten ihre Kinder und ganze Familien ertränkten sich in den Flüssen von Demmin.

Heute leben in Demmin 11.000 Menschen, jeder kennt jeden und es herrscht ein eher familiäres Klima. Aber am 8. Mai, dem Ende des Nationalsozialismus ist die Stadt im Ausnahmezustand. Ein Großaufgebot an Polizei säumt die Straßen, wenn Rechtsextreme, rein aus politischen Gründen, an einem Trauermarsch zum Gedenken der Opfer der letzten Kriegstage teilnehmen. Wütende Gegendemonstranten versuchen das zu verhindern, denn sie wollen sich nicht für politische Zwecke missbrauchen lassen.

Martin Farkas beleuchtet die Vergangenheit und die Traumata die sie bei den Menschen hinterlassen hat. Zeitzeugen, Politiker und Einwohner erzählen in Gesprächen von den Ereignissen, allerdings werden Namen nicht genannt und die Geschichten der einzelnen Personen bleiben unkommentiert.

Fazit & Kritiken zum Film „Über Leben in Demmin“

Die Kleinstadt Demmin ist vor Farkas Dokumentation „Über Leben in Demmin“ den wenigsten deutschen Menschen ein Begriff gewesen, da es bis zum Mauerfall 1990, der ehemaligen DDR angehörte. Mutig erzählt er über die tragische Geschichte und der noch heute politischen Instrumentalisierung.

Ein Teil des Filmes beschäftigt sich mit den letzten Kriegstagen und den Kampf um das Überleben von Zeitzeugen. Doch nicht alle Menschen wollen offen und ehrlich über das brisante Thema sprechen. Des Weiteren berichtet „Über Leben in Demmin“ über die Ereignisse nach der Wende und den jährlichen Demonstrationen in diesem Ort.

Geschickt greifen die Erzählebenen ineinander. Die Berichte der Zeitzeugen zeigen ein differenziertes Bild, zum einen über die Gräueltaten der roten Armee, aber auch der Hilfe der russischen Soldaten, Menschen von den Selbstmorden abzuhalten. Auch dies sind Fakten, die die Teilnehmer der rechten Szene bewusst ignorieren, sowie den Tod der vielen russischen Kriegsgefangenen die in der Nähe von Demmin ums Leben kamen.

Martin Farkas Dokumentation ist ein bedeutungsvoller Film über die Nachwehen eines Traumas, der geschichtlichen Ereignisse und deren möglichen Aufarbeitung.

X